Montag, 26. Oktober 2009

Jeder betrinkt sich auf seine Art

BRÜSSEL. Für den Südländer ist Alkohol Teil der Ernährung, für den Skandinavier eine Droge. Südeuropäer trinken, weil es in geselliger Runde dazu gehört. Nordeuropäer trinken, um sich zu besaufen. So lauten etwas zugespitzt die Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Studien, die Europas Weinlobby jetzt vorgestellt hat. „Das ist wie der Unterschied zwischen einem ausgedehnten Abendessen und Fast Food“, meint der Londoner Verhaltensforscher Adrian Fulham. In Spanien, Italien oder Griechenland werde zwar mehr getrunken als in Schweden oder Schottland, aber eben langsamer und verträglicher - mit Wasser gemischt, von schwerem Essen begleitet, in Gesellschaft von Eltern und Freunden, weiß auch Marie Choquet vom Französischen Institut für Gesundheitsstudien. Und die Deutschen?
Ihre Art, Alkohol zu konsumieren, habe Elemente beider (Be)-Trinkkulturen - sei quasi eine Mischung. Dem Interessenverband der Weinproduzenten kommen solche Ergebnisse wie gerufen. Erstens, weil sie für die Vermutung sprechen, dass selbst hohe Steuern wie in Skandinavien und Großbritannien Trinker nicht von Besäufnissen abhalten, sondern sie meist nur zum Umstieg auf billigeren Fusel zwingen. Zweitens, weil die vorgestellten Forschungsarbeiten den Weinkonsum für harmlos bewerten, da sich Wein nun mal nicht so gut eignet, um sich im Eiltempo die Lichter auszuschießen. Und drittens, weil diese Studien mit ihrer Betonung unterschiedlicher Trinkkulturen den Sinn europaweit einheitlicher Regelungen prinzipiell in Frage stellen.
Stattdessen wirbt die Weinindustrie dafür, auf Erziehung zu setzen. Vorbild sind für die Winzer dabei die Dänen, weil sie „Eltern-Partys“ veranstalten, bei denen Jugendliche von ihren Vätern und Müttern zwar Alkohol eingeschenkt, aber gleichzeitig gezeigt bekommen, wann Schluss ist. Was Wunder, dass der Promille-Lobby solche Feldversuche besser gefallen als etwaige Werbeverbote oder Steueraufschläge.

(Quelle:
http://rundschau-online.de/html/artikel/1246895331303.shtml)

Freitag, 16. Oktober 2009

Abfall entwendet - Job weg!

Gerade hat man die Frikadelle verdaut, da serviert uns das Arbeitsgericht Radolfzell sechs entwendete Maultaschen im Wert von 3-4 EURO als gerechtfertigten Kündigungs- grund. Eine 58-jährige Altenpflegerin (17 Jahre Betriebszugehörigkeit) hatte vom übriggebliebenen Essen (= Abfall) der Heimbewohner die Maultaschen an sich genommen und sie noch nicht einmal gegessen. Sie wurden in ihrer Tasche gefunden, weil sie diese offenbar mit nach Hause nehmen wollte. Das ist jedoch vom Arbeitgeber verboten worden, denn - großherzig wie Arbeitgeber so sind - können (= sollen?) die Mitarbeiter ein Extra-Essen zum Preis von 3,35 EURO erwerben. Dies würde natürlich niemand tun, wenn er die bereits bezahlten Essensreste haben könnte.
Warum klaut jemand Essen für eine Person, wenn er einen solch "gut bezahlten Spitzenjob" als Altenpflegerin hat, in dem man als Teilzeitkraft offenbar so viel Geld verdient, dass die Frau sogar eine Annahme der Kündigung gegen eine Abfindung von 25.000 EURO ablehnte?
3,35 EURO "klauen" und auf 25.000 EURO verzichten - wie passt das zusammen? Nach Habgier sieht das nicht aus. Vielleicht befürchtetet die Frau aber auch, dass sie in ihrem Alter trotz Abfindung mittelfristig in der Arbeitslosigkeit und ALG II (= Hartz-IV) landet? Nun wird sie ohne Job, ohne Abfindung und ohne Maultaschen noch schneller zum Sozialfall werden - und wohl kein Einzelfall bleiben...

Dienstag, 13. Oktober 2009

Frikadellen-Skandal !!!

Bis jetzt hätte man unter dieser Überschrift wohl einen Artikel der BILD-Zeitung über Gammelfleisch in Super- märkten erwartet, aber nun stößt die gebratene Hackfleischkugel in neue Dimensionen vor - das Arbeitsrecht!
Eine 59-jährige Sekretärin des Bauverbandes Westfalen nahm von einem Buffet für eine Konferenz zwei halbe Brötchen und eine Bulette und aß sie. Daraufhin erhielt die Bürodame nach 34 Jahren Betriebszugehörigkeit (!) die fristlose Kündigung. Während die Politik - allen voran die FDP - noch um eine Lockerung des Kündigungsschutzes ringt, scheinen immer mehr Arbeitgeber bereits zur Selbstjustiz übergegangen zu sein. Weitere Kostproben gefällig?
Eine 50-jährige Supermarktkassiererin (30 Jahre Betriebs- zugehörigkeit) löst zwei gefundene Pfandbons im Wert von 1,30 EURO ein - fristlos gekündigt. Ein kaum noch messbarer Kündigungsgrund liegt im folgenden Fall zugrunde: Der 51-jährige, aus Pakistan stammende Arbeiter Mohammed Sheikh hatte an seinem Arbeitsplatz sein Handy unerlaubt aufgeladen und damit Strom im Wert von geschätzten 0,00014 EURO geklaut - fristlose Kündigung nach 14 Jahren Betriebszugehörigkeit!
Was haben diese Fälle gemeinsam? Alle Gekündigten sind über 50 und haben eine lange bis sehr lange Betriebszugehörigkeit - beides Faktoren, die eine normale Kündigung erschweren würden. Also entsorgt man die alten und wohl auch zu teuren Mitarbeiter elegant wegen Nichtigkeiten in die Arbeitslosigkeit, denn in dem Alter und der fristlosen Kündigung als Hypothek werden die drei bis zur Rente wohl kaum noch eine vernünftige Anstellung finden.
Bleibt die Frage, weshalb Manager, die Millionen oder Milliarden in den Sand gesetzt haben, dafür auch noch großzügige Abfindungszahlungen bei ihrer mehr als gerechtfertigten Entlassung bekommen? Wie heißt es so schön: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen...