Donnerstag, 11. Dezember 2008

Reise ans Ende des Lebens

Zwölf Schülerinnen und Schüler des 10er-Sozialwissenschaftskurses der Städt. Realschule Gummersbach-Hepel besuchten heute das Johannes-Hospiz in Wiehl, um sich anlässlich des Unterrichtsthemas „Sozialversicherungen“ vor Ort zu informieren. In dieser Einrichtung in Trägerschaft der Johanniter werden bis zu zehn Menschen jeden Alters gleichzeitig aufgenommen, die aus ärztlicher Sicht austherapiert sind, eine Lebenserwartung unter sechs Monaten haben und woanders nicht mehr adäquat versorgt werden können. „Hierbei spielt es keine Rolle, welcher sozialer, kultureller oder religiöser Herkunft jemand ist“, betont Gerlinde Jelinski, Leiterin des Hospizes. Die Kosten des Aufenthalts belaufen sich auf 225 EURO/Tag, die anteilig vom Träger, der Kranken- und Pflegeversicherung sowie dem Kranken selbst aufgebracht werden müssen, gegebenenfalls springt das Sozialamt ein.
Die Idee, Sterbende besser zu versorgen, kam Anfang der 80er Jahre aus Großbritannien nach Deutschland und nahm 1983 mit der Gründung der ersten deutschen Palliativstation in Köln ihren Anfang. Die Nachfrage ist mittlerweile so groß, dass es auch im Johannes-Hospiz eine Warteliste mit Interessenten gibt, von denen pro Jahr ca. 140 aufgenommen werden können. „Wir könnten noch ein zweites Hospiz daneben bauen“, sagt Gerlinde Jelinski, „aber allein der Betrieb dieses Hauses erfordert jährliche Spendeneinnahmen von rund 100.000 EURO und die müssen erstmal reinkommen.“
Woher kommt dieses gewaltige Interesse an Hospizplätzen? Nun, zumindest im Johannes-Hospiz bezeichnet man die todkranken Menschen als „Gäste“ und so werden sie dort auch behandelt. Wer hier für den kurzen Rest seines Lebens einzieht, darf mitbringen, was für ihn wichtig war/ist: den Lebenspartner, das Haustier oder auch Möbel und Ähnliches. Bezüglich der Pflege und der Mahlzeiten gibt es für die Gäste keine festen Regeln- alles kann, nichts muss! Getreu dem Motto „Leben bis zum Schluss“ gibt es Veranstaltungen, wie z.B. das jährliche Sommerfest, und auch letzte Wünsche, wie z.B. ein Besuch beim Spiel des Lieblingsvereins oder des Schützenfests im Heimatort, werden wenn möglich erfüllt.
“Wir hatten einmal einen Gast“, erzählt die Hospizleiterin, „der vermisste den Geruch der ölverschmierten Lappen in seiner Werkstatt. Also besorgten wir ihm welche.“ Solches Engagement in Verbindung mit der hellen und freundlichen Atmosphäre im Johannes-Hospiz lässt erahnen, warum ein Gast zu folgender Aussage kam: „Ich war noch nie so glücklich wie hier!“


Natürlich bringen die todkranken Menschen auch ihre Probleme, Sorgen und Nöte mit: Was wird aus meiner Familie, wenn ich tot bin? Wie komme ich mit mir selbst ins Reine? Auch hiermit wird niemand alleingelassen und mit Rat und Tat unterstützt. Eine schwierige Arbeit für die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter des Hospizes. Die hauptberuflichen Pflegekräfte (hier ausschließlich Frauen) sind gelernte Kranken- oder Altenpfleger mit mindestens 2 Jahren Berufserfahrung und Zusatzausbildung „Palliativ-Care“, und auch die ehrenamtlichen Helfer werden gründlich geschult, denn auch mit Schuldzuweisungen durch verzweifelte Angehörige oder dem Wunsch nach Sterbehilfe muss professionell umgegangen werden.
Wie lange kann man eine solche Tätigkeit überhaupt durchhalten? „Im Schnitt zehn Jahre“, sagt Gerlinde Jelinski, die selbst bereits seit über 20 Jahren in diesem Bereich tätig ist. „Wo man täglich mit dem Tod zu tun hat und Gewinn sich nicht über Geld definiert, herrscht eine offene und ehrliche Arbeitsatmosphäre, die man so nirgends findet. Auch auf private Termine der Mitarbeiter wird bei der Dienstplanung Rücksicht genommen.“
Welchen Eindruck hinterließ das Johannes-Hospiz bei den Schülern? „Helle Wohlfühlatmosphäre“, „schönes Lebensende“, „weniger Angst vor dem Tod“ und „beeindruckend lebendig“ – da muss man nichts hinzufügen…