Mittwoch, 28. Januar 2009

Bonus für Schulschwänzer



Oer-Erkenschwick.
Wenn Eltern in Oer-Erkenschwick künftig vier Wochen lang ihre Kinder pünktlich wecken und in die Schule schicken, gibt es einen Bonus. Wenn sie täglich das Essen auf den Tisch bringen auch.
Und wenn sie in der VHS sich zusätzlich noch darüber informieren lassen, wie Erziehung optimiert werden kann, gibt's ebenfalls Punkte. Gleiches gilt für den Besuch beim Kinderarzt und für den Besuch bei der Schuldnerberatung. Dies fein säuberlich auf einer Karte abgestempelt, kann bis zu 100 Euro bringen.
Das Jugendamt will neue, ungewöhnliche Wege in der Sozialarbeit gehen und ökonomische Mechanismen ausprobieren. Eltern sollen mit finanziellen Anreizen in ihrem Erziehungsauftrag unterstützt werden. Allerdings: Bares wird es nicht geben. Es sind Gutscheine geplant. Damit dafür kein Alkohol oder andere Suchtmittel gekauft werden, haben die Behörden mit den örtlichen Händlern festgelegt, welche Waren es für wie viel Stempel gibt. Der städtische Jugendpfleger Michael Hess hat an Abo-Werbeaktionen von Zeitungen gedacht. „Dort gibt es Dinge, die man nicht unbedingt braucht, die man aber trotzdem gerne hätte.”
In Gesprächen mit der Hauptschulleitern kam immer wieder heraus, dass die Eltern, die es angeht, nicht erreicht werden. „Da haben wir uns gefragt, wie die Wirtschaft Dinge regelt”, sagt Hess. Eben mit Rabatten und Bonuskarten. „Es ist mir klar, dass dies nicht die Probleme löst. Wir hoffen aber, dass Eltern motiviert werden könnten, sich mehr ums Wohl der Kinder zu kümmern.” Man hofft, durch diese Maßnahme auf Heim-Einweisungen verzichten zu können. Die Kosten für einen Monat liegen zwischen 3000 und 8000 Euro. Die Bonuskarte kostet 100 Euro. „Wenn nur eine Einweisung verhindert wird, dann kann eine Menge Geld gespart werden”, so Hess.
Ausgegeben werden soll diese von den neun Schulen, 13 Kindergärten und vom Jugendamt. „Als zusätzliches pädagogisches Mittel”, sagt Hess. Zum Beispiel gehen Sozialarbeiter in Familien und kontrollieren, ob Kinder auch pünktlich zum Schulbesuch geweckt werden. Hilft dies nicht, schalten sich Ordnungsbehörden ein und bringen die Kinder zwangsweise in die Schule. Dass Ordnungsgelder angedroht werden, sei höchst selten.
Die Frage, warum nicht alle Eltern den Bonus bekommen, stellt sich für Hess nicht: „Wir wollen damit gezielt Probleme lösen. Und wo keine sind, muss sie nicht eingesetzt werden.” In Recklinghausen hält Sozialdezernent Georg Möllers zwar nichts von einem Bonussystem. Er setzt zwar aufs Geld, aber auf eine Reduzierung: „Der Staat greift zwar ein, wenn Eltern versagen. Aber ans Kindergeld traut er sich nicht heran. Das wäre aber sinnvoll, wenn nachgewiesen ist, dass Eltern dieses Geld nicht den Kindern zukommen lassen.”

Quelle: Der Westen