Offenbar keine Einzelfälle: Im Entwurf des Berufsbildungsberichts 2010 geht die Bundesregierung davon aus, dass 47,3 Prozent der Schulabgänger nicht reif genug sind, um eine berufliche Ausbildung zu beginnen. Und: Jeder zweite Lehrstellenbewerber hat laut Bericht im Jahr 2008 länger als ein Jahr nach seinem Schulabgang nach einem Ausbildungsplatz gesucht.
Auch für die deutsche Wirtschaft ist das problematisch: Etwa 10.000 Ausbildungsplätze bleiben wegen mangelnder Qualifikation der Bewerber jährlich unbesetzt. In vielen Bereichen fehlt der Nachwuchs mittlerweile dringend.
Woran liegt es, dass es für Unternehmer immer schwieriger wird, junge Leute zu finden, die die notwendigen Voraussetzungen für eine Berufsausbildung mitbringen? Regierung und Wirtschaft sehen die Ursachen dafür in fehlendem Leistungsvermögen und unzureichender schulischer Bildung. Der Kinderpsychiater Michael Winterhoff dagegen glaubt, dass es vielen Schulabgängern an der notwendigen psychischen Reife mangelt. "Diese Jugendlichen bleiben psychisch auf einem Alter von vier bis fünf Jahren fixiert", sagt er. Dies führe dazu, dass es ihnen an einer für das Berufsleben notwendigen Arbeitshaltung sowie einem Sinn für Pünktlichkeit fehle. Die Ursache für die fehlende psychische Reife sieht der Psychiater unter anderem in einem falschen Umgang der Eltern mit ihren Kindern. Eltern wollen heute lieber Partner der Kinder sein als sie zu erziehen. Und das habe eine wachsende Respektlosigkeit zur Folge, sagt Winterhoff. Außerdem führe dieser partnerschaftliche Umgang dazu, dass Jugendliche nicht mehr in der Lage sind, aus Fehlern zu lernen. Obwohl man sie auf Fehler aufmerksam mache, würden sie ihr Verhalten nicht ändern.