WIEHL. Das Wiehler Jugendamt will seine Arbeit
von einem externen Gutachter auf ihre Wirksamkeit überprüfen lassen.
Dieser soll ausdrücklich kein Sozialpädagoge sein, sondern einen
besonderen Sinn für Kosten und Nutzen der Jugendhilfe haben.
Zudem sollen mit den beauftragten Sozialdiensten
konkretere Zielvorgaben vereinbart werden. So hat es Amtsleiter Michael
Schell in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses angekündigt.
Hintergrund ist ein Anstieg der Kosten, die Kämmerer Walter Ruland nach
eigenen Angaben "entsetzt" hat. Es geht um die "Hilfen zur Erziehung",
also alle Maßnahmen, mit denen überforderten Eltern geholfen wird. Das
Spektrum reicht bis zur Unterbringung des Kindes in einem Heim mit
psychotherapeutischer Betreuung, die monatlich mehr als 6000 Euro kosten
kann.
Die Erziehungshilfe des Jugendamts hat seit Anfang
2011 mit einem steilen Anstieg der Fallzahlen zu kämpfen. 2010 kam das
Amt noch mit 1,5 Millionen Euro aus, derzeit muss nahezu das Doppelte
aufgebracht werden. Die Heimunterbringungen kosten allein fast zwei
Millionen. Im Fachausschuss schlüsselte Amtsleiter Schell die Fälle
statistisch auf: Das Jugendamt kümmerte sich am Stichtag im Februar um
125 Kinder in 86 Familien. Die allermeisten haben keinen
Migrationshintergrund, rund die Hälfte der Mütter und Väter erzieht das
Kind allein, mehr als 60 Prozent lebt von Hartz IV. Die meisten neuen
Fälle betreffen jedoch zusammen lebende Eltern, die keine Sozialhilfe
bekommen. Einen besonders krassen Anstieg gab es bei der ambulanten
Betreuung, die allerdings häufig nur einige hundert Euro pro Fall
kostet. Schwerwiegender ist die stationäre Unterbringung, bei der die
Fallzahl seit 2005 bei den Maßnahmen, die mehr als 4000 Euro kosten, von
3 auf 7 gestiegen ist, und bei Fällen, für die mehr als 6000 Euro
aufgebracht werden, von 1 auf 4 gesprungen ist.
SPD-Fraktionsvorsitzender Karl-Ludwig Riegert lobte
im Ausschuss die Bemühungen des Jugendamts, die Kosten in den Griff zu
kriegen. Die Ausschussvorsitzende Bianka Bödecker (CDU) fürchtet
allerdings, dass die Fallzahl kaum beeinflussbar ist. Denn diese hängt
stark vom Zu- und Wegzug von betroffenen Familien in oder aus der Stadt
ab.
Quelle: OVZ vom 22.06.2012